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BADISCHE ZEITUNG

11 I 2019

Funde erzählen vom Alltag

 

Die Ausstellung „freiburg.archäologie“ ha tselbs teine lange Geschichte und viele Mitwirkende

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FREIBURG

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Seit vielen Jahren gibt es das schöne Vorhaben, das dieser Tage wahr wird. Archäologische Funde sollen 900 Jahre Stadtgeschichte in einer Ausstellung lebendig werden lassen. Als erster großer Beitrag zum bevorstehenden Jubiläumsjahr öffnet die Schau „freiburg.archäologie – 900 Jahre Leben in der Stadt“ am Samstag, 23. November, ihre Pforten im Augustinermuseum fürs Publikum. Erdacht und umgesetzt wurde sie im Zusammenwirken vieler Institutionen und Expertinnen und Experten.
Traditionell richtet sich der Blick vieler Stadtjubiläen–bislang auch in Freiburg – vorwiegend auf die urkundliche Dokumentation von Stadtgeschichte und deren Auswertung durch Historiker. Politische und rechtliche Fragen von Herrschaft und Herkunft beschreiben jedoch eher wenig von dem in einer Stadt zu einer Zeit gelebten Leben. Die entsprechenden Ausstellungen neigen dazu, papierlastig, zumindest jedoch nicht sehr nah am Alltag zu sein. „freiburg.archäologie“ ist anders. Peter Kalchthaler, Leiter des Freiburger Stadtmuseums, berichtet am Rande der letzten Vorbereitungen in der Ausstellungshalle von der Historie dieser Jubiläumsausstellung, die quasi auf Tuchfühlung mit den Menschen quer durch die Jahrhunderte geht. „Die Idee, archäologische Funde der Stadtgeschichte erzählen zulassen, gibt es schon seit vielen Jahren“, sagt Kalchthaler,„und zwar bei vielen Kolleginnen und Kollegen aus den städtischen Museen, der Landesdenkmalpflege, dem Stadtarchiv und der Universität.“ Vor drei Jahren legte das Kernteam mit den konkreten Planungen los: Neben den beiden Kuratoren Peter Kalchthaler und Bertram Jenisch, Gebietsreferent Archäologische Denkmalpflege, sind das Hans Oelze vom Archäo
logischen Museum und Angelika Zinsmaier, Expertin für Kommunikation und Ausstellungsdidaktik der städtischen Museen. Im erweiterten Team planten auch die Leiterinnen des Archäologischen Museums mit, Helena Pastor und Beate Grimmer-Dehn. Und ein trinational besetzter wissenschaftlicher Beirat begleitete und trug viel bei, etwa zu den sehr lesbaren und gehaltvollen Katalogtexten, die schon vor zwei Jahren vorliegen mussten. Überhaupt ist der Katalog ein spannendes, kluges Begleitbuch zu diesem Rundgang, der bewusst nicht chronologisch durch die Stadtgeschichte lotst. Vielmehr haben sich Macherinnen und Machern dafür entschieden, Themeninseln zu setzen, die mit einer Fülle von Funden aus allen Jahrhunderten regelrecht greifbar machen, wie Menschen vor unserer Zeit in Freiburg gelebt haben. Dieser Blick auf die Geschichte und die entsprechende Erforschung archäologischer Funde ist erst seit Mitte der 1980er Jahre allmählich populärer geworden. Viel Bautätigkeit brachte in diesen Jahren etliche Funde ans Licht – wie zum Beispiel 1986 am Augustinerplatz die große Augustinerlatrine.Aus ihr stammen auch etliche der Funde, die nun in der Ausstellung ihren Platz haben. In dem Ausstellungsbereich „freiburg.zuhause“ etwa werden Themen wie Ernährung und Kochen plastisch. Die Archäobotanikerin Marion Sillmann vom Landesdenkmalamt hat mit Kolleginnen und Kollegen akribisch bearbeitet, was auf einem Freiburger Speisezettel vor etlichen hundert Jahren gestanden haben mag. Auch mittelalterliches Kochgeschirr erzählt Geschichten. Sie alle wurden nicht nur von vielen geborgen und nun in dieser Ausstellung zugänglich gemacht, sondern sie wurden auch eben so verlockend wie verständlich inszeniert. Als Objektliste und Drehbuch feststanden, wurden vor einem Jahr auch die Gestalter ins Boot geholt: Das Büro Raumeinsichten aus Karlsruhe hatte das Rennen gemacht. Peter Kalchthaler lobt die gelungene, lebendige Umsetzung etwa mit Visualisierungen und Bächlenetzwerk. „Ein riesiges Räderwerk vieler Mitwirkender hat diese Ausstellung möglich gemacht“, sagen Bertram Jenisch und Peter Kalchthaler.

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Autor: Julia Littmann, bz

 

Badische Zeitung vom 21.11.2019

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